Die Corona Pandemie hat sich massiv auf das Verhalten der Anleger an den Börsen ausgewirkt. In diesem Artikel schauen wir uns an, wie sich die Börse durch Corona verändert hat, welche Finanzprodukte Anleger in der Krise bevorzugen und wie sich das generelle Sparverhalten in Deutschland derzeit gestaltet. Auch die relativ neuen Technologien und Anlagestile, die durch Corona in den Mittelpunkt gerückt wurden, werden in diesem Artikel beleuchtet.
Alles wird weniger – die Deutschen verdienen weniger, sparen weniger und geben weniger aus
Um die Veränderungen zu verstehen, müssen wir uns zunächst die Grundsituation In Deutschland anschauen. Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass viele Menschen, aufgrund von Kurzarbeit oder Jobverlust, deutlich weniger Einkommen haben als zuvor. Besonders betroffen sind davon Teilzeit- und Minijobs, da viele davon in den geschlossenen Branchen wie Hotel, Gastronomie oder Kultur beheimatet sind. Allerdings haben sich auch die Ausgaben drastisch reduziert. Dadurch, dass Kultur, Urlaub und Freizeit seit mehr als einem Jahr stark eingeschränkt sind, gibt es schlichtweg weniger Möglichkeiten um Geld auszugeben. Diese Tatsache betrifft sowohl diejenigen, die aufgrund der Pandemie finanzielle Einschränkungen hinnehmen mussten, als auch die vielen Deutschen, die weiterhin das selbe Einkommen zur Verfügung haben. Diese Mischung lässt ein diffuses Bild vom deutschen Sparverhalten entstehen. Zwar wird insgesamt weniger Geld gespart, die Differenzen im Sparverhalten sind jedoch alles andere als gleichmäßig verteilt. Während viele Geringverdiener und Teilzeitangestellte ihre Sparbemühungen vollständig einstellen mussten, um über die Runden zu kommen, haben Besserverdiener durch die reduzierten Ausgaben sogar noch mehr gespart als zuvor. Aufgrund dieser besonderen Umstände macht es Sinn, das Sparverhalten der deutschen etwas differenzierter zu betrachten. Insgesamt kann gesagt werden: Wer finanziell nicht von der Pandemie betroffen ist, spart aufgrund der Freizeit- und Kulturbeschränkungen mehr als je zuvor. Wer in den betroffenen Branchen arbeitet hat die Sparbemühungen häufig vollkommen eingestellt und muss sogar seine Rücklagen angreifen.
Viel Geld landet auf dem Konto und in Niedrigzinsprodukten
In Deutschland wird schon seit Jahren eine fehlende Aktienkultur bemängelt. Gerade mal 16 % der deutschen besitzen Aktien. Hat sich das Verhalten der deutschen an der Börse durch Corona verändert? Nicht wirklich. Aufgrund der unsicheren Situation legen vor allem Geringverdiener und Menschen ohne Vermögen ihr Geld am liebsten einfach auf das Sparbuch oder Girokonto. Zu groß sind die Unsicherheiten und finanziellen Zweifel, die mit dem unvorhersehbaren weiteren Verlauf der Pandemie einhergehen. Es ist daher auch nicht weiter überraschend, dass die deutschen aktuell so viel Geld auf Girokonten, Sparbüchern und in Barbeständen halten, wie nie zuvor. Für die meisten ist dieses Vorgehen derzeit tatsächlich vernünftig. Insbesondere in prekären Arbeitsverhältnissen können derzeit Jobs schnell verloren gehen und je höher die Rücklagen sind, umso entspannter können die betroffenen in die Zukunft blicken. Gerade bei Besserverdienern zeichnet sich jedoch ein anderes Bild ab. Wer ohnehin schon hohe Barbestände hatte, hat diese nicht weiter ausgebaut, sondern das Geld angelegt.
Privatanleger sind so aktiv wie nie zuvor
Die Handelsfrequenz hat sich an der Börse durch Corona verändert. Viele Privatanleger, die häufig auch vorher bereits Aktienbesitz hatten, sind dazu übergegangen, aktiver an der Börse zu handeln. Sie investieren aktiv in Aktien, Anleihen und andere Finanzderivate. Auffällig ist dabei die Häufigkeit, mit der Titel gekauft und verkauft werden. Dieser Boom wurde insbesondere durch die wachsende Beliebtheit mobiler Broker ermöglicht. Über diese Apps können Anleger mit wenigen Klicks auf ihrem Handy Aktien kaufen und verkaufen. Dieser einfache Zugang verleitet dazu, häufiger zu handeln und mehr Investments zu tätigen. Die Broker haben seit Beginn der Pandemie ihre Werbebemühungen massiv gesteigert und waren damit offensichtlich auch erfolgreich. Dabei fallen zwei Phänomene ganz besonders auf. Zum einen ist der Handel mit hochriskanten Finanzderivaten massiv angestiegen. Anleger werden dabei mit Chancen auf fantastische Renditen angelockt und zum Investieren bewegt. Überall wo es große Renditechancen gibt, besteht in der Regel aber auch ein großes Risiko. Dieses Risiko manifestiert sich in Form von Totalverlusten bei fehlgeschlagenen Wetten auf Kursentwicklungen. Vor diesen Verlusten sind deutlich mehr Anleger betroffen, als bei der Beliebtheit der Broker zu erwarten wäre. Knapp 80 % aller Anleger verlieren Geld beim Handel mit den mobilen Apps. Das lässt darauf schließen, dass es sich bei den Anlageentscheidungen weniger um kalkulierte Investitionen handelt, sondern viel mehr um spekulative Wetten auf hohe Gewinne, ohne eine langfristige Betrachtungsweise. Einige Kritiker behaupten sogar, dass die mobilen Apps eine Art Ersatzkonsum für geschlossene Spielhallen oder Lotto darstellen.
Gold wird möglicherweise durch Kryptowährungen ersetzt
Wie sich die Börse durch Corona verändert hat, zeigt sich auch an der Entwicklung des Goldpreises. Der Preis von Gold war bisher dafür bekannt, sich insbesondere in Krisenzeiten relativ unabhängig oder sogar gegensätzlich zum Markt zu entwickeln. Für die Corona Krise gilt diese Regel jedoch nicht mehr. Gold war Anfang 2020 auf seinem Allzeithoch und ist im Anschluss fast proportional zu den Aktienkursen an der Börse gefallen. Für dieses Phänomen gibt es mehrere mögliche Erklärungen:
1) Der Goldpreis war zum Zeitpunkt des Kriseneintritts schon extrem hoch
In der Regel ist der Goldpreis, im Verhältnis zu seinem all Time High, zu Beginn von Krisen eher niedrig. Eine Erklärung dafür sind die hohen Wertsteigerungen bei alternativen Anlageprodukten in den letzten Jahren. Durch die Niedrigzinspolitik sind große Mengen an Geld in den Markt geströmt worden, die sich kaum auf die Realwirtschaft ausgewirkt haben. Dafür sind die Preise für Investitionsobjekte, wie Immobilien, Aktien oder eben auch Gold und Kryptowährungen, stark gestiegen. Da die Goldbestände zum Zeitpunkt des Kriseneintritts schon relativ hoch waren musste möglicherweise zunächst verkauft werden, um liquide zu bleiben.
2) Gold wurde als sicherer Hafen durch virtuelle Währungen ersetzt
Eine ebenso schlüssige Erklärung ist, dass Gold, in seiner Funktion als sicherer Hafen, durch Kryptowährungen ersetzt wurde. Im Gegensatz zu Gold haben sich die Kryptowährungen während der Coronakrise tatsächlich sehr positiv entwickelt und vielen Anlegern die ausgleichenden Gewinne beschert, die sie in Krisenzeiten normalerweise von Gold gewohnt waren. In den entscheidenden Kriterien für sichere Investments sind sich Gold und Kryptowährungen tatsächlich sehr ähnlich: Beide sind quantitativ begrenzt und können, unabhängig von staatlichen Währungen, als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Möglicherweise werden Kryptowährungen auch in Zukunft schlichtweg das bessere Gold sein.
Die Wertentwicklung der virtuellen Münzen muss jedoch mit Vorsicht genossen werden. Langfristige Trends gibt es aufgrund der Neuartigkeit der Münzen noch nicht und es ist durchaus möglich, dass es sich bei der derzeitigen Entwicklung um eines der Hype Phänomene handelt, wie wir sie in der Geschichte der Menschheit in Form von Tulpenmanien oder der Internetblase zur Jahrtausendwende gesehen haben. Ob sich die frei zugänglichen Kryptowährungen langfristig am Markt bewähren können, hängt maßgeblich davon ab in welcher Form sie reguliert werden und ob es staatliche Konkurrenz geben wird.
Immobilien entwickeln sich unterschiedlich
Im Immobilienbereich muss wieder etwas weiter differenziert werden. Die Nachfrage nach Objekten in zentraler Lage und damit auch deren Preisentwicklung ist weiterhin ungebremst und durch die Corona Krise mehr oder weniger überhaupt nicht beeinflusst worden. Dennoch haben sich die Indikatoren für eine mögliche langfristige Entwicklung auf Teile der Immobilienbranche ausgewirkt. Der massive Ausbau an Home Office Möglichkeiten hat den Bedarf an Bürogebäuden deutlich gesenkt. Abhängig davon, wie sich die Pandemie weiterentwickelt und wie viel Heimarbeit in Folge auch langfristig beibehalten wird, könnten die Preise für Büroimmobilien insbesondere in Innenstädten in Zukunft sinken. Auffällig ist außerdem eine rückläufige Zahl von privaten Immobilienkäufen. Das ist jedoch aufgrund der derzeitigen Unsicherheiten und finanziellen Umstände keine große Überraschung. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend sich nach dem Ende der Pandemie wieder umkehren wird.
Luxusgüter erleben wahre Preisexplosionen
Nicht nur die Börse wurde durch Corona verändert. Insbesondere im Luxussegment haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren massive Preisexplosionen erlebt. Egal ob es sich um teure Uhren, seltene Gemälde oder Oldtimer handelt: Die Preise dieser Güter sind stark angestiegen. Die Hauptursache dahinter ist vermutlich der werterhaltende Charakter hinter diesen Investitionen. Insbesondere wohlhabende Menschen sind nicht zwangsläufig auf der Suche nach der besten Rendite, sondern wollen ihren Wohlstand erhalten. Aufgrund der Volatilität und den hohen Preisen an der Börse stellen Luxusgüter für diese Anlegergruppe eine attraktive Alternative dar. Viele Luxusgüter sind nur einmalig oder in limitierter Auflage vorhanden, weshalb langfristig mit einer Wertsteigerung gerechnet werden kann. Das Luxussegment zeigt die Unterschiede zwischen Arm und Reich während der Pandemie deutlich auf. Während prekär Beschäftigte und normale Arbeiter um ihre Existenz ringen, suchen vermögende fast schon verzweifelt nach Investitionsmöglichkeiten und weichen dabei auf Produkte aus, die eigentlich einen ganz anderen Zweck erfüllen soll.
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