In vielen Regionen Deutschlands, und auch in einigen Nachbarländern und weiteren europäischen Staaten, wie Österreich, Slowenien, der Schweiz, Tschechien oder der Slowakei, sind sie im Frühling, hoch aufragend und geschmückt, auf den Dorfplätzen zu sehen: Maibäume. Doch der Kult und die Tradition um die Maibäume variiert von Region zu Region ein wenig. In einigen Gegenden werden die Bäume bereits zum ersten Mai aufgestellt, in anderen erst zu Pfingsten. Wie die Tradition des Maibaumaufstellens entstand, und wie dieser alte Brauch heute noch lebt, erfahren Sie hier.
Was macht einen Maibaum aus?
Als Maibaum bezeichnet man einen langen Baum oder Baumstamm, der entweder komplett, oder bis fast an die Spitze des Baumes, entastet und entrindet worden ist. Weiterhin erkennen Sie einen Maibaum an seinen Verzierungen. Oftmals ist er blau oder rot und weiß angemalt, oder mit blauen oder roten und weißen Bändern umwickelt. Die Farbgebung der Ummantelung richtet sich in der Regel nach der Region, in der der Maibaum aufgestellt wurde: finden Sie ihn zum Beispiel in Franken, ist die Farbgebung, gemäß der fränkischen Flagge, rot und weiß. In Altbayern hingegen blau und weiß, nach der Farbgebung der bayerischen Flagge. Die Krone des Maibaum ist entweder natürlich grün erhalten geblieben, oder sie wird mit einem grünen Kranz behängt. In einigen Gegenden wird der Baumstamm zusätzlich mit traditionell anmutenden Holzfiguren, die auf Querstangen sitzen, beschlagen. Dazu können Maibäume mit Bändern und Girlanden geschmückt sein. Ein Maibaum ist im Schnitt um die 20 Meter hoch. Doch auch Exemplare mit einer Höhe von bis zu 40 Metern sind denkbar. Verwendet werden Birken oder Nadelbäume.
Wo liegen die Ursprünge des Brauchtums?
Warum es den Kult um die Maibäume gibt ist ein wenig umstritten. Dazu werden Sie keine einheitliche Aussage finden können, weshalb an dieser Stelle die gängigsten Vermutungen zum Ursprung des Brauches dargestellt werden sollen. Es wird vermutet, dass der Ursprung des Brauches Maibäume aufzustellen bereits auf die Germanen zurück geht. Die Germanen glaubten an Waldgottheiten, die sie jeweils gnädig zu stimmen versuchten. Unter anderem bedienten sie sich dafür verschiedener Opferriten, worunter auch das Aufstellen eines Maibaumes fällt. Der Maibaum war damals unter anderem als Symbol für die Fruchtbarkeit gedacht. Auch sollte durch sein Aufstellen der Frühling begrüßt werden. Später, nachdem der christliche Glaube in Europa Einzug gehalten hatte, vermischten sich germanische und christliche Riten miteinander. Die Christen waren sogar bemüht die heidnischen Riten der Germanen zu unterdrücken, und statt dessen ihren eigenen Ritus zu etablieren. So ist Berichten aus dem 13. Jahrhundert zu entnehmen, dass einige Orte in der Eifel, statt des germanisch-heidnischen Maibaumes, einen Pfingstbaum aufgestellt hätten. Nach und nach zog sich dieser Brauch auch durch weitere Regionen, wie etwa Thüringen und Niedersachsen. So ist auch zu erklären, dass der Maibaum in einigen Regionen noch heute zu Pfingsten aufgestellt wird. Dort geht die Tradition ganz klar auf den christlichen Glauben zurück. Statt des Begriffes Maibaum bedient man sich in diesen Gegenden bis heute mehr der Begriffe Maien oder Marienbaum.
Überlieferungen der Tradition rund um die Maibäume zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert
Erst ungefähr seit dem 16. Jahrhundert handelt es sich bei der Tradition des Maibaumstellens um eine gemeinschaftliche Aktion im Dorfverband. Vorab konnte ein solch gemeinschaftlicher Brauch nicht belegt werden. Maibäume werden seitdem als Symbole für das Gedeihen und Wachstum von Pflanzen, Tieren und auch Menschen, sowie für Glück und Segen gesehen. Feierlichkeiten rund um den Akt des Aufstellens eines Maibaumes etablierten sich zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert immer mehr. Feiern, Tanzen, und auch der Genuss von Alkohol und Speisen, gehörten dazu. Das Maibaumaufstellen wurde zum Dorffest. Doch das war so manchem kirchlichen Würdenträger ein Dorn im Auge. Denn für Pfarrer und Priester handelte es sich um ein Kirchenfest. Die Feierlichkeiten rund um dieses Ereignis waren der kirchlichen Obrigkeit somit zu weltlich konnotiert, weshalb es in zahlreichen Dörfern und Gemeinden zu Verboten des Kultes kam. 1657 wurde der Brauch zum Beispiel in der Oberpfalz untersagt und als unflätig und unchristlich bezeichnet.
Etablierung des Maibaum-Kultes ab dem 19. Jahrhundert
War der Kult rund um den Maibaum bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts sehr uneinheitlich, fand ab 1827 ein Wandel in der Tradition statt. Maßgeblich an der Anerkennung der Maifeierlichkeiten beteiligt war der Umstand, dass Bayerns König Ludwig I. das Maibaumaufstellen – inklusive dörflicher Feierlichkeiten – offiziell erlaubte. Und auch zwischenzeitlich hatten sich einzelne Dörfer über die offiziellen Verbote hinweg gesetzt, so dass der Brauch niemals ausgestorben war und reaktiviert werden musste. Irgendwo war er immer lebendig. Mit der offiziellen bayerischen Erlaubnis den Kult weiter auszuüben, verbesserte sich der Ruf der Tradition, auch in angrenzenden Gegenden. Die Bäume wurden nun mehr geschmückt, als je zuvor. Wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein meist lediglich entastete Baumstämme aufgestellt, schmückte man diese nun prunkvoll mit Kranz, Flatterbändern und Bemalung. Auch die Tradition kleine Tafeln an Querbalken, links und rechts des Maibaumes anzubringen, stammt aus dieser Zeit. Auf den Tafeln sind etwa handwerkliche Szenen und Szenen aus dem Dorfleben zu sehen. Auch werden prägnante Gebäude aus dem Ortsbild per Tafel dargestellt: zum Beispiel die Kirche, die Schule oder das Rathaus.
Unterschiedliche Bräuche rund um die Maibäume
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich zahlreiche Bräuche rund um den Maibaum, die regional sehr unterschiedlich ausfallen können. Je nachdem in welcher Gegend Sie leben, oder aufgewachsen sind, wird Ihnen der ein oder andere Brauch sehr bekannt vorkommen, ein andere jedoch völlig neu sein. Egal jedoch, wie sich die Traditionen rund um den Brauch gestalten, und egal, ob der Maibaum am ersten Mai oder zu Pfingsten gesetzt wird: immer ist heute ein Dorffest damit verbunden. Aufgestellt werden die Maibäume in einer Gemeinschaftskation, an der entweder die männliche Dorfjugend, alle Männer des Ortes, oder Vertreter bestimmter Vereine, wie zum Beispiel der Freiwilligen Feierwehr, maßgeblich beteiligt sind. Wer genau hilft richtet sich heute vor allem an der Größe des Dorfer aus. Um den Maibaum aufzustellen braucht es ein wenig handwerkliches Geschick, und vor allem Kraft. Oft wird das Stellen des Baumes musikalisch von der örtlichen Blaskapelle begleitet. Oft gibt es auch einen Segensgottesdienst in der Kirche des Dorfes, oder an Ort und Stelle. In manchen Orten, die den Baum zum ersten Mai aufstellen, wird in der Nacht zuvor ein Maitanz veranstaltet. Wie lange der Maibaum in der Dorfmitte stehen bleibt ist ebenfalls unterschiedlich. Teilweise wird er zum Monatsende wieder abgebaut. Viele Orte lassen ihn aber bis zum Herbstanfang stehen.
Das Maibaumstehlen
Eine der beliebtesten Traditionen ist das Stehlen des Maibaumes. Dabei konkurrieren Nachbardörfer miteinander. Ziel ist es den Maibaum des Nachbardorfes in der Nacht vor dem Aufstellen zu stehlen. Gegen eine Auslösung, die in Form von Bier und einer Brotzeit daher kommt, wird er zurück gegeben. Natürlich gehen dem Verhandlungen über die Höhe der Auslöse voraus. Für das Bewachen der noch ungeschmückten Maibäume ist jeweils die Dorfjugend verantwortlich; für das Stehlen in der Nachbargemeinde ebenso. In der Regel feiern die Jugendlichen beider Gemeinden die Auslösung des Maibaumes gemeinsam, und verzehren Bier und Brotzeit an Ort und Stelle. Zum eigentlichen Akt des Maibaumstellens erscheinen die jungen Leute häufig ein wenig übernächtigt.
Die Liebesmaien
Vor allem in Bayern, und hier ganz besonders in Franken, gibt es die Tradition der Liebesmaien. Während auf dem Dorfplatz der große Maibaum aufgestellt wird, werden unverheiratete junge Frauen in der Nacht zum ersten Mai, von ihren Verehrern mit einer sogenannten Maia bedacht. Dabei handelt es sich um eine im Wald geschlagene Birke. Je größer, desto größer besser, denn die Größe steht hier in direktem Zusammenhang mit dem Grad der Liebe, die der junge Verehrer dem Mädchen entgegen bringt. Der Verehrer benötigt beim Schlagen des Baumes, beim Transport zur Angebeteten und beim Aufstellen vor ihrem Elternhaus, Hilfe aus seinem Freundeskreis. Die Aktion soll möglichst leise erfolgen. Die Maia bleibt einen Monat stehen. In dieser Zeit kann sich die junge Frau Gedanken über die Identität des Aufstellers machen. Nach dieser Frist erscheint er am Elternhaus. Die Birke wird vom jungen Verehrer, und seinen Helfern, wieder abgeholt. Die Eltern der jungen Frau spendieren den jungen Männern einen Kasten Bier, und oft auch Bratwürste oder Kuchen. Bei der Abholung muss die Angebetete dann Farbe bekennen: tritt sie auf den Verehrer zu, und möchte sie beispielsweise mit ihm Essen gehen, war das Werben erfolgreich. Bleibt eine Reaktion ihrerseits aus, war das Werben erfolglos. Natürlich gibt es junge Damen vor deren Elternhaus sich mehrere derartiger Liebesbeweise tummeln. Und es gibt auch eine umgekehrte Tradition. Hat sich eine junge Frau im vergangenen Jahr einem jungen Herrn gegenüber – seiner Ansicht nach – unangemessen verhalten, bekommt sie von ihm keine Maia vor das Haus gestellt, sondern eine Fuhre Mist.
Das Maibaumkraxeln
Vor allem in Altbayern ist die Tradition des Maibaumkraxelns beheimatet. Junge Männer erklimmen dabei den entrindeten Maibaum, und das ganz ohne Hilfsmittel. Erlaubt ist nur die Nutzung von Pech oder Magnesium, das an den Handflächen und den nackten Fußsohlen der jungen Männer aufgebracht wird. Gepflegt wird diese Tradition besonders im südlichen Niederbayern und im Passauer Land.
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